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Sorge um die Natur: Unsere Generation ist gescheitert

von Ludger Warnke (WN)

Seit mehr als 40 Jahren ist Karl Weckendorf regelmäßig in der Natur unterwegs. Deshalb konnte er den jüngsten Bericht des Weltbiodiversitätsrates IPBES der Vereinen Nationen gut nachvollziehen: Von den geschätzt rund acht Millionen Tier- und Pflanzenarten auf der Erde sind aktuell eine Million akut vom Aussterben bedroht. Eine Aussage, die den 64-jährigen Appelhülsener als Vorsitzenden des Hegerings Nottuln-Havixbeck, als Opa, der seinen Enkeln gern die Natur erklärt, und als einfacher Bürger der Gemeinde sehr betroffen gemacht hat. „Unsere Generation ist leider nicht in der Lage gewesen, die Artenvielfalt zu schützen. Unsere Generation ist gescheitert“, zieht Weckendorf selbstkritisch Bilanz.

Um Beispiele für das Artensterben zu finden, müsse man nicht auf ferne Länder schauen. Das Münsterland tut‘s auch. Karl Weckendorf verweist auf Feldhuhn (Rebhuhn), Kiebitz, Kuckuck, Fasan und Feldhase, deren Bestände drastisch zurückgegangen seien. In den 1970er- und 1980er-Jahren tauchte das Feldhuhn noch überall in der Landschaft und an Ortsrändern auf, erzählt Weckendorf. Und heute? Er selbst habe im Revier zum letzten Mal vor zehn Jahren ein Feldhuhn gesehen. Jetzt wiederhole sich das mit dem Kiebitz. „Aktuell habe ich noch ein Kiebitzpärchen in meinem Revier“, erzählt der Hegeringsvorsitzende.

Auch der Kuckuck sei äußerst selten geworden, er leide unter dem Klimawandel. Wenn er Ende April auftauche, sei das heute schon zu spät, weil wegen der warmen Witterung die Nester der Wirtsvögel alle schon belegt seien.

Und angesichts eines Insektenrückgangs von über 70 Prozent fehle es an Nahrung. Davon seien besonders die Jungtiere des Fasans betroffen, die sich in den ersten sechs Wochen ausschließlich von Insekten ernähren. „Nach unserer Statistik, die wir als Hegering führen, ist der Bestand des Fasans seit 2008 um 90 Prozent zurückgegangen.“ Beim Feldhasen sei ein Rückgang von 80 Prozent zu verzeichnen. Aktuell habe man 120 Feldhasen auf einer Fläche von 500 Hektar gezählt.

Natürlicher Lebensraum verschwindet

Natürlich hänge der Rückgang der heimischen Arten damit zusammen, dass der Mensch sich immer mehr ausbreite, der natürliche Lebensraum für die Tiere immer kleiner werde. „Doch dafür ausschließlich einen einzigen Berufsstand wie die Landwirtschaft verantwortlich zu machen, davon halte ich nichts“, sagt Weckendorf. Der Artenrückgang sei ein gesamtgesellschaftliches Problem, das auch nur gesamtgesellschaftlich gelöst werden könne. Da müsse jeder Einzelne sein persönliches Verhalten überprüfen. Und jeder könne einen Beitrag zum Artenschutz leisten, zum Beispiel durch einen naturnahen Garten, durch den Kauf von regionalen Lebensmitteln, durch eine Änderung seines Mobilitätsverhaltens.

Auch der Hegering sei aktiv und arbeite dabei unter anderem mit dem Naturschutzzentrum zusammen. Neben diversen Hegemaßnahmen und einer verstärkten Prädatorenbejagung (Fuchs, Krähe, Marder, Iltis) dort, wo Bodenbrüter stark gefährdet sind und das natürliche Gleichgewicht gestört ist, gehe es auch darum, Flächen zu identifizieren, die man wieder der Natur überlassen kann.

Eine große Bedeutung haben dabei auch die Wegeseitenränder. Der Hegering versuche zu erreichen, dass Wegeseitenränder nicht mehr so häufig gemäht und das Mahdgut nicht als Mulch liegengelassen werde. Durch das Mähen nehme man Insekten den Lebensraum und durch das Mulchen verhindere man Artenvielfalt bei den Pflanzen.

Hoffen auf die Jugend

Große Hoffnung setzt Karl Weckendorf auf die Jugend, auf die nächste Generation. Dass Schüler weltweit freitags für den Klimaschutz demonstrieren, „finde ich absolut begrüßenswert“. Kinder und Jugendliche frühzeitig aufzuklären, sei wichtig. Der Hegering werde deshalb auch weiterhin die Rollende Waldschule, die Kindergärten und Schulen besucht, finanzieren und Exkursionen mit Kindern in die Natur durchführen. „Ich kann nur das schützen, was ich auch kenne“, betont der Hegeringsvorsitzende.

 

Bericht und Foto: Westfälische Nachrichten, Ludger Warnke